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Die arbeitsrechtlichen Vorhaben der Ampel-Koalition – Teil 2

11 Juli 2022

Auf 177 Seiten beschreibt der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, wie Deutschland neben der Verwirklichung der Klimaneutralität auch den Zusammenhalt der Gesellschaft schaffen soll. In Anbetracht des demografischen Wandels und der Digitalisierung lautet das Bekenntnis der Koalition: „Wir wollen die moderne Arbeitswelt gestalten, dabei berufliche Chancen ermöglichen sowie Sicherheit und Flexibilität in Einklang bringen.“8 Über die sich daraus ergebenden arbeitsrechtlich bedeutsamen Vorhaben haben wir in Teil 1 unseres Überblicks die Pläne der Koalition zu den Themen Ausbildung, Weiterbildung sowie Arbeitszeit und Arbeitsort gegeben. Mit Teil 2 setzen wir den Überblick fort. Schwerpunktmäßige Behandlungen einzelner Themen sollen folgen.

 

4. Selbständige9

Ziel ist, in der digitalen und agilen Arbeitswelt unbürokratisch Rechtssicherheit zu schaffen. Wer als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer in einer GmbH (etc.) tätig war und dafür Beiträge entrichtet hat, sollte laut Koalition Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Um Selbstständigen auch bei zukünftigen schweren Krisen, die zu nicht selbst verantworteten Erwerbsausfällen führen, bei der Finanzierung ihrer Lebensunterhaltskosten schneller und besser helfen zu können, trifft die Koalition die Vorsorge für steuerfinanzierte Wirtschaftshilfen. Dabei sollen die Erfahrungen mit der Neustarthilfe ausgewertet werden. Hierfür soll ein neues Regelsystem geschaffen werden.

 

5. Mindestlohn10

Die Koalition kündigte an, den gesetzlichen Mindestlohn in einer einmaligen Anpassung auf zwölf Euro pro Stunde zu erhöhen. Mit dem Kabinettsbeschluss vom 23. Februar 2022 hat die Bundesregierung diese einmalige gesetzliche Erhöhung des Mindestlohnes bereits auf den Weg gebracht. Demnach soll der Mindestlohn soll zum 1. Oktober 2022 auf zwölf Euro brutto die Stunde steigen.

 

6. Mini- und Midijobs11

Hier könnte einiges geschehen. Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, sollen abgebaut werden. Die Midi-Job-Grenze soll auf 1.600 Euro angehoben werden. Die Minijob-Grenze soll künftig bei einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen gezogen werden, sodass sie mit Anhebung des Mindestlohns faktisch auf 520 Euro erhöht wird. Dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle werden, soll durch verstärkte Kontrollen verhindert werden.

 

 

7. Haushaltsnahe Dienstleistungen12

Zur Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf will die Ampel  die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen betreiben. Die Inanspruchnahme familien- und alltagsunterstützender Dienstleistungen sollen durch ein Zulagen- und Gutscheinsystem und die Möglichkeit für flankierende steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse erleichtert werden.

 

8. Befristungen13

Hier sieht der Koalitionsvertrag einen deutlichen Einschnitt vor. Damit der öffentliche Dienst als Arbeitgeber mit “gutem Beispiel” vorangeht, wird die nur dort bestehende Möglichkeit der Haushaltsbefristung abgeschafft. Beim Bund als Arbeitgeber wird außerdem die sachgrundlose Befristung Schritt für Schritt abgebaut. Um Kettenbefristungen zu vermeiden, sollen dort mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber auf sechs Jahre begrenzt werden. Nur in eng begrenzten Ausnahmen soll ein Überschreiten dieser Höchstdauer möglich sein. Damit wird nun wohl auch der Auftrag aus dem Vertrag der Großen Koalition erfüllt werden.

 

9. Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitskräftemobilität14

Gerade dieser Bereich erfuhr in den letzten Jahren besondere Beachtung, man denke nur an die fleischverarbeitenden Betriebe und die dort praktizierten Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassungen. Solche erkennt die Koalition weiterhin als notwendige Instrumente. Strukturelle und systematische Verstöße gegen Arbeitsrecht und Arbeitsschutz sollen aber durch effektivere Rechtsdurchsetzung verhindert werden.

Die Krisenregelungen beim Kurzarbeitergeld werden nach der Corona-Pandemie evaluiert werden, insbesondere mit Blick auf Menschen mit geringem Einkommen.

Für Saisonbeschäftigte wird für den vollen Krankenversicherungsschutz ab dem ersten Tag gesorgt werden. „Faire Mobilität“ soll gestärkt und Beschäftigte so besser über ihre Rechte aufgeklärt werden.

Die Ampel will „auch für mehr Sicherheit bei Arbeit auf Abruf“ sorgen. Einzelheiten werden nicht mitgeteilt. Man darf gespannt sein.

 

Teil 3, betreffend die Themen Tarifautonomie, Mitbestimmung u. A. folgt. Sollten bis dahin Fragen oder Anregungen bestehen, sprechen Sie uns gerne an.

 

 

8Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 66.
9Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 69.
10Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 69f.
11Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 70.
12Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 70.
13Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 70.
14Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 70f.